StreetArt in Germany: Ein Buch setzt der Facebook-Seite die Krone auf

Welches ist die Seite mit der meisten StreetArt im Netz? Wo gibt es zig Fotoalben zum Durchklicken, sortiert nach Städten, Künstlern und Themen? Wo finden sich jeden Tag die neusten und heißesten Fotos rund um Straßenkunst? Dort. Auf der Facebook-Seite namens StreetArt in Germany. Eine Fanpage, die Timo Schaal vor ein paar Jahren aus Begeisterung an der Straßenkunst in Deutschland gründete, und die sich einfach zum Hotspot im Social Web für alle StreetArt-Begeisterten entwickelt hat. Es ist ein Umschlagplatz von Fotos von StreetArt jeglicher Art geworden: Graffiti, Pasteups, Murals, Urban Knitting, Stencils, Sticker,… Timo fotografiert selbst und postet seine Schnappschüsse auf der Seite. Aber auch die Fans sind aktiv und schicken unermütlich Bilder auf alle Herren Länder und von vielen verschiedenen Künstlern auf die Seite. Ein wahrer Schatz an StreetArt. Ich bin ein großer Fan der Seite, schaue mindestens einmal am Tag darauf und bin immer wieder begeistert.

Nachdem ich die StreetArt Düsseldorf-Fanseite einrichtete und immer wieder etwas auf StreetArt in Germany postete (auch mal Fotos aus anderen Städten), ergab sich der erste Kontakt mit Timo. Und irgendwann kam dann eine Nachricht, dass er ein Buch plant. Ich freute mich sehr, auch ein Teil davon zu werden, in dem ich ein paar Bilder aus Düsseldorf und anderen Städten beisteuern konnte. Die Idee, auf Basis einer Facebook-Seite ein Buch zu machen, fand ich sehr spannend. Vielleicht war das auch eines der Steine des Anstoßes, warum ich mich dazu entschloss, mein eigenes Ebook-Projekt zu starten. Jedenfalls war es gestern soweit. Das Buch war im Handel und erreichte mich abends noch per Post. Freude!

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StreetArt in Germany: Buch und Woche-Wandkalender

Das Buch hält, was die Online-Aktivitäten versprechen. Ein bunter Strauß an Künstlern und Kunstrichtung, zum Teil thematisch sortiert und wunderbar von Timo ausgewählt und zusammengestellt. Punkt. Für alles weitere, muss man selber einmal reinschauen. Es ist ein Kaleidoskope von… eben StreetArt in Germany. Ein Buch, das der Fanseite die Krone aufsetzt (ergänzend mit dem Wochen-Wandkalender).

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, Timo für meinen Blog ein paar Fragen zu stellen, die er mir direkt beantwortete 🙂

Sebastian: Timo, erzähl doch mal ganz kurz, wie du eigentlich an das Thema StreetArt geraten bist. gab es einen Schlüsselmoment oder ein Schlüsselwerk?

Timo: Als ich 2008 nach Mannheim gezogen bin, sind mir da die ersten Stencils ins Auge gesprungen. Das erste Motiv war ein am Galgen hängender Engel von der Künstlerin LOUVA. Das hat mir sehr gut gefallen also bin ich losgezogen und hab das für mich noch fremde Mannheim nach mehr Streetart durchforstet. Nach ein paar Wochen war ich erstmal durch und hab mich dann in anderen Städten auf die Suche gemacht, immer mit der Kamera im Gepäck. Erst Berlin, dann Hamburg, zwischendurch immer wieder Amsterdam, dann Leipzig und Dresden und so weiter. Diese Touren haben mir unendlich viel Spaß gemacht und das macht es immer noch.

Sebastian: Kann ich verstehen, mir macht das auch jedesmal auf’s neue Spaß 🙂 Hast du eigentlich am Anfang mit dem heutigen Erfolg von fast 1 Mio. Fans gerechnet?

Timo: Ich hab im Freundeskreis festgestellt das die Fotos der Streetart-Motive auf großes Interesse stossen, zumindest bei einigen. Aber das es so viele Leute gibt die sich für das „Nischen-Thema“ Streetart interessieren könnten, hätte ich nicht für möglich gehalten. Wenn ich mich mit anderen über meine Tätigkeit unterhalten hab und von Streetart erzählt habe, musste ich meistens erstmal erklären das es sich dabei um Kunst im öffentlichen Raum handelt. Jetzt, 5 Jahre später können die meisten Leute mit dem Begriff etwas anfangen. Was auch an den zahlreichen Netzplattformen liegt die das Thema verbreiten.

Sebastian: Da ist sicherlich deine Fanpage eines der zentralen Orte. Wieviel Zeit steckst du eigentlich darein?

Timo: Ich hab nie eine Stoppuhr bemüht, aber letztendlich sitze ich deutlich über 10 Stunden am Tag vor dem Laptop, auch Samstags auch Sonntags. Es kommen täglich etwa 400 Fotos aus ganz Deutschland auf der Seite an, die muss ich alle durchschauen und auswerten, beschriften und posten. Die Kommentare zu den Fotos verfolge ich natürlich auch, das frisst alles sehr viel Zeit.

Sebastian: Und die Vorarbeit an dem Buchprojekt? Wie lange hat das Ganze gedauert und was war am schwierigsten, spannendsten und nervigsten?

Timo: An dem Buch habe ich etwa ein halbes Jahr intensiv gearbeitet. Allerdings fängt die Arbeit am Buch schon damit an, dass ich die Seite vor ein paar Jahren angelegt habe. Nur dadurch ist das mit dem Buch möglich geworden. Am schwierigsten war sicherlich der Druck der Verantwortung, den ich mir selber gemacht habe. Ich wollte unbedingt, dass das Buch die Szene so realitätsnah wie möglich zeigt. In einer so freien und vielschichtigen Szene ist das sehr schwierig weil unterschiedlichste Menschen unterschiedlichste Sichtweisen auf das Thema Streetart haben und mir war es wichtig, möglichst viel davon mit reinzubringen. Die politischen Sachen, die künstlerischen Meisterwerke von großartigen Sprayern, aber auch die kleinen Dinge wie Zettel mit Botschaften oder irgendwelche spontanen Spaßaktionen oder einfach nur interessante Sticker. Das alles gehört für mich zum Erscheinungsbild von Streetart. Spannend waren natürlich die Reaktionen der Künstler, Blogger und Fotografen, die ich angeschrieben habe, um Fotos für das Buch zu sammeln. Damit bin ich nach Jahren der relativen Anonymität erstmals als „Hallo ich bin Timo und betreibe die Seite StreetArt in Germany“ auf viele Leute zugegangen und wusste überhaupt nicht, wie das ankommen wird. Die Reaktionen waren ausnahmslos so unglaublich positiv, dass ich es teilweise gar nicht fassen konnte. Da hab ich zum ersten mal realisiert, dass meine Arbeit richtig vielen Leuten was bedeutet, vor allem die positiven Antworten der Künstler waren echt überwältigend. Um die geht es schließlich in allererster Linie.

Sebastian: Richtig! 🙂 Doof gefragt: Warum sollten im digitalen Zeitalter die StreetArt-Fans das Buch kaufen

Timo: Niemand „soll kaufen“. Ein Buch ist aber doch eine beständige Form, du kannst es in der Hand halten und auch in 10 Jahren noch aus dem Schrank holen und es dir anschauen. Mal schauen, wie die ganzen Blogs in ein paar Jahren dastehen, ob es Facebook dann in der Form noch gibt. Außerdem konnte ich einige Bilder im Buch abdrucken die auf Facebook schlicht verboten sind und zu Strafen für eine Seite führen. Stichwort „Nacktheit“. Zum Beispiel das Berliner Streetart-Projekt „2Naked“ wurde auf Facebook komplett gesperrt und existiert dort einfach nicht mehr. Die Beiden kleben in vielen Städten ein harmloses Nacktfoto von sich (im Stil von Yoko Ono und John Lennon) auf die Straßen. Ich hab auch mal eine mehrtägige Sperre bei Facebook bekommen, weil ich ein Foto davon gepostet hatte. Natürlich gibt es auch andere Plattformen als Facebook, auf denen Streetart gezeigt wird, aber das meiste wird eben genau dort gesehen. Da Facebook aber im Korsett amerikanischer Moralvorstellung steckt, wird auch Streetart dort eingeschränkt. Im Buch sind „2Naked“ zu sehen.

Sebastian: Wenn das nicht ein Grund (von vielen) ist, das Buch zu kaufen 😉 Was meinst du, ist das Buch auf Platz 1 der Bestseller-Listen?

Timo: Das ist zwar eine schöne Utopie, aber ich mache mir darüber wirklich keine Gedanken. Das Feedback der ersten Tage nach Erscheinen des Buches ist so durchweg positiv, dass mein wichtigstes Ziel bereits erreicht ist. Das bedeutet mir sehr, sehr viel!

Und wer jetzt immer noch nicht überzeugt ist, kann sich einen ersten, digitalen Blick in das Buch auf der Verlagsseite verschaffen oder morgen einfach in die nächstbeste größere Buchhandlung gehen und einfach mal durchblättern.

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Danksagungsseite im „StreetArt in Germany“-Buch: Next to Banksy 🙂

Beim letzteren stieß ich übrigens auf die Danksagungsseite. Eine großartige und wichtige Geste für diejenigen, die zum Beispiel Bilder für das Buch beisteuerten. Wie gesagt, ein paar Bilder habe ich auch beigesteuert und so fand ich meinen Namen direkt unter den Namen Banksy. Na wenn das kein gutes Omen ist.

2 Kommentare

  1. …obs die grösste Seite ist lassen wir mal dahin gestellt, sie ist in jedem Fall eine der besten, da besteht kein Zweifel.
    Buch hört sich auch interessant an, DANKE für den Tipp:-)

    1. Gern geschehen für den Tipp 🙂 Im deutschsprachigen Raum ist es schon eines der größten Seiten 😉 🙂 Danke für dein Feedback hier. VG, Sebastian

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